Rätselhafter Klimawandel in Bayern
Samstag, 22. Februar 2020 | Autor: Andreas Brandl
Betrachtet man die Wettervorhersagen in bayerischen Medien, so fällt ein wundersamer Klimawandel auf: die heißeste Region Bayerns wird zur kühlsten und umgekehrt.
Beispiel Süddeutsche Zeitung (SZ): Sie veröffentlicht wochentags eine Temperaturprognose für die nächsten Tage für Nord-, Mittel- und Südbayern auf. Beispiel die Hitzewelle im Juli 2019.
Hier die Abbildung in der Ausgabe der SZ von Dienstag, 23.7.2019:
24.7. | 25.7. | 26.7. | |
Nordbayern | 32 Grad | 33 Grad | 32 Grad |
Mittelbayern | 35 Grad | 37 Grad | 36 Grad |
Südbayern | 33 Grad | 34 Grad | 33 Grad |
(Originalabbildung aus der SZ liegt dem Verfasser vor)
Nordbayern wird hier immer als die kühlste Region, immer kühler als Südbayern, vorhergesagt.
Erstaunlich (Wein- und Obstbau in Franken ??).
Vergleicht man nun die hier vorhergesagten Höchsttemperaturen für Nord- und Südbayern mit den tatsächlich gemessenen Höchsttemperaturen ergibt sich folgendes Bild.
Vergleich Vorhersagewerte SZ mit tatsächlich gemessenen Höchsttemperaturen
Vorhersage SZ | Tatsächliche Höchstwerte (Quelle: wetteronline.de) |
26.7. Nordbayern 32 Grad (real 36-39 Grad)
Südbayern 33 Grad (Ok)
|
An allen 3 Tagen werden die tatsächlichen Temperaturverhältnisse auf den Kopf gestellt!
Während Nordbayern jeden Tag deutlich heißer war als Südbayern, meldet die SZ jeden Tag das genaue Gegenteil!
Das macht schon ein bißchen sprachlos. Und diese Fehldarstellung lag sicher nicht an unvorhersehbaren Entwicklungen: alle Wetterberichte, auch der Deutsche Wetterdienst, hatten die extreme Hitze in Nordbayern vorhergesagt.
Und tatsächlich: In der Süddeutschen Zeitung wird fast immer Nordbayern um 3-5 Grad kühler als Südbayern vorhergesagt. Das erstaunt sehr, wenn man die tatsächlichen Temperaturverhältnisse in Bayern kennt: warmes Wein-und Obstbauklima in Franken, kühles Klima des Alpenvorlandes in Südbayern. Aber in der Regel schaut die Vorhersage der SZ genau umgekehrt aus, z.B. 29. und 30.11.2019:
Wie kommt es, dass eine eigentlich seriöse Zeitung mit ihrer Berichterstattung die Realität so drastisch ins Gegenteil verkehrt?
Die verzerrte Darstellung in der SZ läßt sich so erklären: Während in Südbayern tatsächlich ein repräsentativer Höchstwerte abgedruckt wird (Referenzwert ist München), wird für Nordbayern der Wert aus der kühlsten Region abgedruckt (Fichtelgebirge – Hof) gewählt. Die im größten Teil Nordbayerns zu erwartenden Temperaturen und echten Höchstwerte werden ignoriert. Eine abgelegene, kleine Gebirgsregion als repräsentativ auszuwählen geht an der Realität im größten Teil der Region völlig vorbei.
Wenn in Nordbayern die kühlste Region für den Referenzwert ausgewählt wird (also Fichtelgebirge, Hof), dann müßte dies ebenso in Südbayern erfolgen (also z.B. Garmisch oder Oberstdorf). Und nicht in der einen Region der kühlste Wert herausgegriffen, in der anderen der höchste. Gleiche Maßstäbe sind Kern eines objektiven Journalismus, alles andere ist Willkür. Es kann so jede beliebige Vorhersage konstruiert werden.
Beispiel:
Nehmen wir eine Europavorhersage in der für jedes Land ein Wert ausgewählt wird. Während man für Deutschland Berlin oder München nimmt, wählt man für Spanien nicht etwa Madrid, sondern einen Ort aus der kühlsten Region, z.B. den Pyrenäen. Und schon wäre Deutschland (fast) jeden Tag wärmer als Spanien und die Realität umgekehrt. Genau das entspricht der Praxis der Süddeutschen Zeitung mit der Bayernvorhersage
Aber das wirklich Erschreckende: Die Redaktion wurde zwei mal auf diese verfälschende Darstellung hingewiesen. Man sollte meinen eine seriöse Zeitung würde eine derart verfälschende Darstellung sofort korrigieren. Aber nichts wurde geändert. Offensichtlich ist diese Darstellung beabsichtigt. Fast alle bayerischen Medien schönen das Wetter in Südbayern. Es geht wohl um das Regionsimage. München ist extrem teuer, da muß man schon das Gefühl haben, in der besten Gegend zu wohnen. Und auch wenn Südbayern eine der kühlsten und regenreichsten Regionen Deutschlands ist, das Image vom „Süden“ und der hohen Freizeitqualität muß aufrecht erhalten werden. Und da braucht es einen Gegenpol: Nordbayern.
Ein schönes Beispiel für subjektiven Journalismus, der alles so darstellen kann wie man es jeweils wünscht. Wen wundert es dann noch, dass immer mehr an „Lügenpresse“ glauben. Traurig dass die Süddeutsche Zeitung so etwas befördert.
Und wer mehr zum Thema wissen will, dem sei folgende Seite empfohlen: „Deutschlands wahres Klima“ (Spiegel-Bericht vom 21.06.2010)
Guido Bauernschmitt
(alle Karten mit Genehmigung von www.wetteronline.de)
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