Rätselhafter Klimawandel in Bayern – Teil 2: Wie München zum Weinbauklima kam
Dienstag, 31. März 2020 | Autor: Andreas Brandl
Wie in Teil 1 (hier) aufgezeigt, werden in vielen bayerischen Wettervorhersagen die tatsächlichen Verhältnisse umgekehrt: die heißeste Region Bayerns (Franken) wird zur kühlsten und die kühlste Region (Südbayern) zur wärmsten. Da soll wohl das Regionsimage Südbayerns mit hoher Freizeit- und Lebensqualität gestärkt werden, das wirkliche regenreiche und kühle Klima passt dazu nicht aber eine extrem subjektive Berichterstattung macht den Traum vom Süden wahr.
Aber halt: es gibt doch noch die Wetterstationen, da werden doch objektive und vergleichbare Werte gemessen! Gut: in Bayern gehen die Uhren anders, aber gehen auch die Thermometer anders?
München als größte Stadt Bayerns und Süddeutschlands taucht mit ihren Werten in allen Wetterkarten auf. Da müßte man doch sehen, wie das Klima in der Region tatsächlich ist.
Aber auch hier ist es mit Objektivität und Vergleichbarkeit leider nicht weit her. München hat nämlich vor Jahren eine schöne neue Wetterstation bekommen. Nicht etwa da, wo man glauben sollte, nämlich in der freien Landschaft, nein, mitten in der Innenstadt. Das glauben Sie nicht? Jeder weiß doch, dass es in der Stadt bis zu 5 Grad wärmer ist als im Umland, gerade in einer Millionenstadt. Aber es ist wahr: Die Station München/Stadt liegt umgeben von mehrstöckigen Bürogebäuden, geschützt vor kalten Ostwinden und nach Süden offen und an einer 6-spurigen Straße mitten in der Innenstadt!
Station München/Stadt (Foto vom Verfasser)
Die städtische Prägung ist so dominant, dass diese Station keine Vergleichbarkeit für die betreffende Region besitzt. Dies verwundert nicht angesichts der Lage der Station: mitten in der Innenstadt, umgeben von mehrgeschossiger Bebauung, Verkehrswegen etc. V.a. an windschwachen sonnigen Tagen ist die Temperatur in der Innenstadt extrem überhöht, im Winter v.a. in den Morgenstunden, im Sommer v.a, am Abend.
Hier 2 Beispiele der letzten Tage (Karten mit Genehmigung von www.wetteronline.de):
Tiefsttemperaturen (plus 5 Grad statt 1-3 Grad im Umland)
Tiefsttemperaturen plus 2 statt 0 bis minus 2 im Umland
München/Stadt ist häufig 2-3 Grad wärmer, manchmal sogar 5 Grad wärmer als das Umland. Und doch wird gerade diese Station von fast allen Medien als Quelle für die Temperaturangaben und auch Vorhersagen für München verwendet, und nicht etwa die Station München/Flughafen.
Und die Station München wird ja in zahlreichen Wetterkarten als einziger für Südbayern abgebildet. So entsteht ein völlig falscher Eindruck vom Klima der Region. Denn das Innenstadtklima hat mit dem der Region wenig zu tun. Und so wird der Eindruck vom warmen Süden erzeugt, ganz im Gegensatz zur Realität in Oberbayern. Und so hat Oberbayern nun Weinbauklima, zumindest wenn man viele Wetter- und Vorhersagekarten in den Medien heranzieht. Und irgendwann steht auch in Schulbüchern in Klimakarten und Tabellen für München und Südbayern ein Wert, der mit dem tatsächlichen Klima der Region wenig zu tun hat. Einbildung statt Bildung.
Eigentlich dürfte eine solche Station gar nicht als Referenzwert für eine Region verwendet werden. Vergleichbarkeit ist ein Grundprinzip von Wetterdaten. Darum gibt es auch klare Regeln für Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Wenn man diese Anforderungen des DWD an Wetterstationen betrachtet, wird sofort die irreguläre Lage der Station deutlich:
Anforderung an den Standort: | München/Stadt |
1.) Die Station soll nicht auf Kuppen, an Hängen, in Senken oder in unmittelbarer Nähe von Steilhängen liegen | Hänge oder Steilhänge fehlen, aber dafür unmittelbare Nähe von mehrgeschossiger Bebauung (Wärmestau wie vor Hängen) |
2.) Die Umgebung muss frei von Hindernissen sein, die die Messungen behindern | die Station in unmittelbarer Nähe von mehrgeschossiger Bebauung, freier Luftaustausch ist erheblich eingeschränkt |
3.) Höhenunterschied in der Umgebung nicht mehr als 30 m | Könnte zutreffen, vielleicht sind die Hochhäuser niedriger als 30 m |
4.) Die Station soll nicht in der Nähe von Feuchte-, Wärme-, Staub und elektromagnetischen Quellen liegen | Die Station liegt mitten in der größten künstlichen Wärmequelle Süddeutschlands: der Innenstadt von München |
5.) Möglichst geringe Versiegelung des Erdbodens in der unmittelbaren Umgebung | Die Station liegt mitten in der größten versiegelten Fläche Süddeutschlands, die unmittelbare Umgebung (von wenigen qm) wird hierdurch wärmeklimatisch völlig überlagert |
Da nützt es auch nichts, wenn das Wetterhäuschen selbst die Anforderungen erfüllt und drunter ein paar Quadratmeter Rasen sind.
Natürlich ist eine Wetterstation für Stadtklima wissenschaftlich hochinteressant, sie sollte aber nicht „gleichberechtigt“ neben den vielen anderen „regulären“ Stationen stehen. Sonst verliert die so wichtige Vergleichbarkeit der Wetterstationen und damit die Glaubwürdigkeit und Seriosität des DWD insgesamt.
Mit solchen Praktiken wundert es nicht, wenn viele Bürger den Glauben an die Seriosität und Objektivität der Wissenschaft verlieren und offiziellen Angaben wenig Glauben schenken.
Guido Bauernschmitt
(alle Karten mit Genehmigung von wetteronline.de)
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